Beim Einzug 1975 rochen die beiden Hochhäuser noch nach Baustelle. Das rote hatte 13 Etagen. Um das Unglück nicht heraufzubeschwören, benannten die Bewohner*innen die erste Etage um in „Galerie“. Bevor sie zu den Hochhäusern des Todes wurden, feierte man hier gemeinsam Errungenschaften und Erfolge der Arbeiterklasse und übte sich in Solidarität. Denn dort wohnten Lehrerinnen und Ärzte neben Bergarbeitern, Bosniaken neben Serben, Kroaten … – ein phantasmatisch verdichtetes Bild Jugoslawiens und des multikulturellen Bosniens. Die Aufzüge waren für die Bewohner*innen ein Zeichen der Urbanisierung und des städtischen Lebens.
15 Jahre später begleiteten die Fahrstühle unerwünschte Bewohner*innen zur Hinrichtung oder wurden sogar selbst zur Guillotine. Zusammen mit den Schornsteinen der umliegenden stillgelegten Fabriken bilden die Häuser heute die Kulisse der bosnischen Stadt Prijedor und erinnern wie Grabmäler daran, wie eine einzigartige Welt durch den nationalistischen Terror besiegt wurde.
32 erzählerische Fragmente bilden eine Struktur, in der die beiden Hochhäuser eher als Romanfiguren denn als reine Handlungsorte fungieren; eine Miniatur, die die noch unerzählte bosnische Tragödie und das Verschwinden einer Epoche wiedergibt.